Die „école vivante“ in Marokko

Aufbruchstimmung für ein ganzes Tal

Wie eine Schule nicht nur ihren Schülerinnen und Schülern, sondern auch Jugendlichen und Erwachsenen neue Perspektiven eröffnet

 

Der Boden ist schon warm, die Sonne scheint, also eröffnet die „école vivante“ im Ait Bougmez inmitten des Hohen Atlas die Frühlingsarbeiten: Die Kinder bessern Zäune aus, graben Beete um und legen Samen für Blumen und Kräuter.

Damit man auch später noch weiß, wo was wächst, werden für alle Pflanzen Marker fabriziert: Blumen aus Draht und Papier oder Wäscheklammern. „Capucine“ steht auf einer – hier wächst also Kapuzinerkresse. Auch die Klassenzimmer schmücken die Kinder mit frisch befüllten Töpfen.

 

Lernen macht sichtlich Freude in der ecole vivante in Marokko!

„Leben ist gleich Lernen, nicht nur auf der Schulbank, sondern immer und überall“, lautet einer der Grundsätze der „école vivante“. Und: „Lernen ist ein Prozess, der Freude macht.“ Das spürt man überall in dem in traditioneller Lehmbauweise gebauten Haus: Die Räume sind hell und großzügig, die Möbel in leuchtenden Farben gestrichen. Zum Werken stehen große Werkbänke bereit, in der Bibliothek lädt ein kuschliges Sofa zum Schmökern ein. Jeweils 10 bis 15 Kinder, jüngere und ältere (bewusst altersdurchmischt), sitzen zusammen beim Sprachunterricht oder arbeiten an der Kalligraphiewerkstatt. Selber machen, sich eine eigene Meinung bilden, das zählt an dieser Schule.

 

Als WWW-Gründer Christian Hlade diese im Juni 2013 besucht, ist er „tief berührt von der Lebendigkeit und spürbaren Lern-Freude der Kinder – und von der Kraft und starken Energie der Schulgründer Itto und Haddou“. Itto ist der Berbername der deutschen Architektin Stefanie, hier im Ait Bougmez kennt man sie nur so. Schon vor Jahren zog sie mit ihrem aus dem Tal stammenden Mann Haddou hierher, das Paar hat inzwischen vier Kinder.

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Und warum braucht es die „école vivante“ hier? Itto erklärt: „In den öffentlichen Schulen werden die Kinder auf kleinstem Raum mehr oder weniger regelmäßig und dann unter viel Druck unterrichtet.“ Der Unterricht erfolgt dort auf Arabisch, die Kinder sind aber mit dem Berberdialekt Tachelheit aufgewachsen, und so können sie dem Unterricht anfangs kaum folgen. Daher findet in der an der „école vivante“ der Grundschulunterricht anfangs vor allem in ihrer Muttersprache statt, die Fremdsprachen Arabisch und Französisch kommen im Schulalltag spielerisch dazu.

Seit einigen Jahren befindet sich das Tal in starkem Umbruch: Eine Teerstraße führt nun hierher und bringt immer mehr Touristen, Fernsehapparate erobern die Wohnstuben. „Die Einheimischen werden immer stärker mit den Gegensätzlichkeiten zwischen ihrer traditionellen Lebensweise und der der Besucher konfrontiert“, erklärt Itto, „Umweltverschmutzung, Landflucht, Arbeitslosigkeit und Unzufriedenheit unter Jugendlichen machen sich leider immer deutlicher bemerkbar.“ All das ließ in Itto und Haddou den Plan für eine Schule reifen, die darauf Antworten und den Kindern „sowohl Wurzeln in der eigenen Kultur als auch Flügel zum Entdecken der Welt draußen“ gibt. Die Begegnung mit Veronika Müller Mäder, der Schulleiterin der Schweizer „scuola vivante“, gab den Ausschlag zur Gründung. Heute lernen die Kinder in der „école vivante“ Fremdsprachen und moderne Kommunikationstechnologien, gleichzeitig finden aber auch ihre Muttersprache Berber und die Wertschätzung der traditionellen Lebensweise ihren Platz.

Die Nachfrage ist längst viel größer, als die Schule sie bedienen kann: 31 Schülerinnen und Schüler werden derzeit unterrichtet, in den nächsten Jahren sollen es bis zu 60 sein. Das Schulgeld ist den Einkommensverhältnissen der Eltern angemessen, ein Fünftel der Kinder wird durch Stipendienfonds gefördert.

Ittos Pläne gehen aber noch viel weiter: Sie möchte die Grundschule um weitere Schulstufen erweitern – bis auf College- oder gar Maturaebene. Außerdem soll rund um die Schule ein Bildungszentrum für die gesamte Region entstehen: mit Elternseminaren, Bildungsangeboten für Frauen, Freizeittreffs für Jugendliche, einer Bücherei und Handwerksräumen. Das Areal und die Pläne stehen bereit, auch hat die Schule einige regelmäßige Unterstützer, darunter Weltweitwandern. Ein weiterer Ausbau kann jedoch nur mithilfe von Spenden stattfinden.

Unterrichtsbeginn mit einem großen Morgenkreis in der Früh

Bewegt hat die Schule bisher schon viel: Fixe Arbeitsplätze sind entstanden, die Eltern sind in des Schulleben eingebunden. Kulturaustausche zwischen ausländischen Praktikanten und einheimischen Familien und Freizeittreffs wurden ebenso organisiert wie Märkte, wo die Talbewohnerinnen und -bewohner ihre Produkte verkaufen konnten. Die „école vivante“ ist eine Oase des achtsamen Miteinanders verschiedener Menschen geworden. Durch die Schule kommen auch interessierte Gäste ins Tal: So besuchen Schülerinnen, Schüler, Lehrerinnen und Lehrer der Schweizer Partnerschule ihre marokkanischen Kolleginnen und Kollegen, immer wieder kommen auch Reisende von Weltweitwandern.
Im Vorjahr führten Christian Hlade und die marokkanischen WWW-Guides die ganze Schule zu einem Wandertag samt Maultierreiten aus. „Die ‚école vivante‘ ist für mich ein ermutigendes Beispiel dafür, wie freudvoll Lernen sein kann“, sagt Hlade, „So eine Schule würde ich mir auch für meine Kinder wünschen.“

So kannst du das Projekt unterstützen

Gern kannst du über das Spendenkonto von „Weltweitwandern Wirkt!“ für die Schule spenden. Wir leiten das Geld ohne Verwaltungskosten zu 100 % direkt an Itto für die „école vivante“ weiter. Garantiert.

 

„Weltweitwandern Wirkt!“ – Spendenkonto
IBAN AT37 6000 0000 7361 5501
BIC: BAWAATWW
Kennwort: Marokko + dein Name, deine Adresse und E-Mail-Adresse