Tourismus-Revolution mit „Walkie-Talkie“ in den Dünen!
Den Wind der Sahara in den Haaren, wandernd, im Zelt, am Lagerfeuer: Acht Tage lang tüftelten in Marokko 33 Tourismus-Fachleute aus 15 Ländern – großteils Weltweitwandern-Partner und -Guides – an der Zukunft des nachhaltigen Reisens.
Hier der Link zu einem kurzen Film über den Workshop in Marokko:
Tourismus-Revolution zwischen Dünen – SEHR SEHENSWERT!
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Die weiteste Anreise hatten Dhiran Warnakulasuriva aus Sri Lanka sowie Altanbagana Deleg und Tsolmon Baseei aus der Mongolei hinter sich. Vertreten waren außerdem der Iran und Kirgistan, Tadschikistan und die Azoren, Madeira, Polen, Kroatien, Jordanien, Rumänien, natürlich Marokko, Österreich und Albanien. Und vier Weltreligionen. Weltweitwandern-Gründer Christian Hlade hatte jahrelang davon geträumt: Für einen Workshop in Marokkos Wüste Partner und Guides von rund um den Globus zusammenzubringen, um sich über aktuelle Fragen des nachhaltigen Tourismus auszutauschen.
Klimawandel, Sicherheit und Tabu-Themen
Anfang März endlich brach die Gruppe von Marrakesch aus in die Sahara auf. Arbeitsgruppen im Gemeinschaftszelt und Gespräche beim Wandern durch die Dünen wechselten einander ab. „‘Walkie-Talkie‘ wurde für uns zum geflügelten Begriff für den Gedankenaustausch im Gehen“, erzählt WWW-Marketingleiterin Nina Kraxner. Die Fragen, die die Fachleute tagtäglich beschäftigt: Was sind die Bedürfnisse einer zunehmend gesundheitsbewussten und tendenziell älter werdenden Kundengruppe? Wie können wir dem gesteigerten Wunsch nach Sicherheit nachkommen? Wie gehen wir mit interkulturellen Herausforderunge und Tabu-Themen um? Und wie mit den Auswirkungen des Klimawandels, verbraucht doch der konventionelle Tourismus enorme Mengen an Wasser und Energie?
Moderiert hat den Workshop Margit Leuthold, ehemalige Leiterin von respect – Institut für integrativen Tourismus und Entwicklung in Wien. „Wir wollen eine Revolution im Tourismus“, sagt WWW-Chef Christian Hlade: „Bei Weltweitwandern geht es nicht darum, als Europäer/innen den Leuten im Süden zu zeigen, ‚wie es geht‘, sondern wir lernen voneinander und miteinander.“
Anfang März endlich brach die Gruppe von Marrakesch aus in die Sahara auf. Arbeitsgruppen im Gemeinschaftszelt und Gespräche beim Wandern durch die Dünen wechselten einander ab.
Staatspreis für Tourismus und Trigos
Der Workshop in der Wüste war ein weiterer Meilenstein im Empowerment-Programm von Weltweitwandern. Der Grazer Reiseveranstalter betreibt dieses schon seit 2006. Hunderte WWW-Guides, Köchinnen, Köche und Träger haben seither in ihren Heimatländern und in Europa Deutschkurse und Trainings durchlaufen. Rund 50 Partner/innen & Guides haben auf Einladung von Weltweitwandern teils mehrere Monate lang Österreich, Deutschland und andere WWW-Reiseländer kennengelernt. Seit 2012 organisiert Weltweitwandern teils mehrtägige Partnerstammtische im Rahmen der ITB-Berlin, der führenden Tourismus-Fachmesse. Dank dieser Initiativen erhielt Weltweitwandern bereits dreimal den „Trigos“, Österreichs wichtigste Auszeichnung für Unternehmen, die sozial verantwortlich handeln, und sogar den österreichischen „Staatspreis für Tourismus“.
Guides tauschen die Rolle und werden zu Reisegästen
2006 lud Weltweitwandern erstmals Guides zu sich nach Österreich ein. Wesentlicher Teil aller „Crossing Cultures“-Aufenthalte ist immer ein Deutschkurs. Zusätzlich absolvierten die Besucherinnen und Besucher aus Ladakh oder der Mongolei einmal Praktika in Alpenvereinshütten, dann wieder gingen sie bei der Reise „Wandern & Jodeln“ mit. So schlüpfen jene, die sonst immer Gastgeberinnen und Gastgeber sind, selbst einmal in die Rolle von Gästen. „Außerdem“, sagt WWW-Chef Christian Hlade, „sollen sie zwischen den Kulturen vermitteln. Das können sie aber nur, wenn sie beide Seiten kennen.“ So staunten manche der Guides darüber, wie wichtig Mülltrennung oder auch klare Zeitpläne und Pünktlichkeit hierzulande sind – und können sich seither besser auf die westliche Uhrenverliebtheit einstellen.
2006 lud Weltweitwandern erstmals Guides zu sich nach Österreich ein. Wesentlicher Teil aller „Crossing Cultures“-Aufenthalte ist immer ein Deutschkurs.
Reisekunden werden zu Reiseleiterinnen
Mehr und mehr konnten sich an diesem Austausch auch interessierte WWW-Reisegäste beteiligen: Bei Wanderwochenenden oder Begegnungsabenden können sie die Guides aus ihren Traumreiseländern kennenlernen und sich mit anderen Wanderern austauschen. „Und zunehmend“, sagt Christian Hlade, „betätigten sich unsere Gäste auch selbst als Reiseführer.“ Ehemalige Reisegäste zeigen dann „ihrem Guide“ aus Nepal oder Peru die Wiener Innenstadt und schöne Bergtouren in den Alpen. Auf diese Art hat etwa Sonam aus Nepal den Dachstein bestiegen. „Nicht nur Reisen buchen, sondern selber aktiv werden“, freut sich Hlade, „das ist Reisen 2.0 – Tourismus in beide Richtungen!“
Ehemalige Reisegäste zeigen dann „ihrem Guide“ aus Nepal oder Peru die Wiener Innenstadt und schöne Bergtouren in den Alpen. Auf diese Art hat etwa Sonam aus Nepal den Dachstein bestiegen.
Kulturaustausch zwischen den Kontinenten
Verstärkt wurde auch der Erfahrungsaustausch zwischen den Guides: So gab Nepal-Partner Sudama, der eine dreimonatige Guide-Ausbildung in Österreich absolviert hatte, sein Wissen danach in Ulaan Baator an seine mongolischen Kolleginnen und Kollegen weiter – und in Ladakh an die indischen. Später kamen die wechselseitigen Tourenbegleitungen auf anderen Kontinenten dazu. So sind nun seit vielen Jahren Weltweitwandern-Gäste dabei, wenn georgische auf Himalaya-Kultur trifft. Oder wenn ein Wüstenkenner aus Marokko erstmals in die Kultur der tibetischen Mönche im Himalaya eintaucht.
„Austria, Germany, Switzerland – and Morocco?“ Der ladakhische Polizeibedienstete kratzte sich am Kopf. Besuch aus Marokko war hier zuvor noch nicht vorbeigekommen. Weltweitwandern-Partner Lahoucine war der erste Marokkaner, der diesen Check-Post an der Grenze zu Tibet passierte. Gemeinsam mit 13 anderen Weltweitwandern-Gästen aus Österreich und Deutschland startete er dort eine mehrtägige Trekkingtour durch den Himalaya.
Überrascht war Lahoucine darüber, welch ähnliche Themen seinen Gastgeber Tashi und ihn beschäftigten. Abends im Küchenzelt redeten die beiden viel darüber, wie sie die Reisen noch besser machen könnten. Wie man ein Essen im Freien schön gestaltet und warum die Gäste gern um ein Feuer sitzen. Brauchen sie Wanderkarten? Ja, meinte Lahoucine – „für Westler sind Karten sehr wichtig. Sie wollen jeden Tag schauen, wo wir sind.“
Als Lahoucine abreiste, waren die beiden Freunde geworden, und jeder nahm Ideen für seine eigenen Touren mit. Tashi achtet seither noch mehr auf regionales Essen. Lahoucine hat die Räucherstäbchen im Klozelt übernommen. Ein Jahr später begleitete Tashi Lahoucine in die Wüste: „Zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich mich wie ein echter Tourist, in einem Land mit ganz anderen Sitten und ohne die Sprache zu kennen.“ Eine wichtige Erfahrung, um sich in die Gäste hineinversetzen zu können.
„Austria, Germany, Switzerland – and Morocco?“ Der ladakhische Polizeibedienstete kratzte sich am Kopf. Besuch aus Marokko war hier zuvor noch nicht vorbeigekommen. Weltweitwandern-Partner Lahoucine war der erste Marokkaner, der diesen Check-Post an der Grenze zu Tibet passierte.
Nach Hause mit neuen Plänen
Und der jüngste Workshop in der Sahara? Harald A. Friedl, Professor für angewandte Tourismuswissenschaften an der FH Joanneum, fasst es so zusammen: „Draußen miese Stimmung – Trumpismus, Brexit, Orbans, Syrien, Klimawandel. Und dann das: 33 Menschen aus 15 Nationen und vier Religionen ziehen durch die Wüste und verstehen sich gut.“
33 Menschen aus 15 Nationen und vier Religionen ziehen durch die Wüste und verstehen sich gut.
Beeindruckt waren alle davon, wie perfekt Marokko-Partner Lahoucine Taha und sein Gastgeber-Team in Marrakesch die Reise organisiert hatten. Zur Sprache kamen auch heikle Themen und konkrete Pläne entstanden. Bei der Ausbildung der Guides will man künftig stärker über Ländergrenzen hinweg zusammenarbeiten. Austauschreisen und Aufenthalte bei Reisegästen sollen noch wichtiger werden. Um den ökologischen Fußabdruck zu verringern, will Weltweitwandern neue Wege der CO2-Kompensation beschreiten. Und dem Sicherheitsbedürfnis der Gäste will das Unternehmen noch stärker entgegenkommen, indem die einzelnen Reiseländer ihre Notfallpläne verbessern.
Sicher ist, dass es weitere Workshops geben wird. „Wir werden unser globales touristisches Wissen noch besser vernetzen“, sagt WWW-Chef Christian Hlade.
Bei alledem wurde auch noch viel gelacht, Freundschaften sind entstanden. „In meinen über 30 Jahren Moderationserfahrung habe ich noch keine so große Gruppe so unterschiedlicher Menschen erlebt, die miteinander so neugierig, interessiert und respektvoll kommuniziert hat“, sagte Moderatorin Margit Leuthold. Abends ist die Gruppe ums Lagerfeuer gesessen, hat zusammen musiziert, gesungen und in die Sterne geschaut – nirgendwo leuchten sie so wie in einer Wüstennacht. „You made me so happy“, sagte Christian Hlade, als das letzte Treffen im großen Zelt zu Ende ging.
Eine Tourismus – Revolution zwischen den Dünen startete Weltweitwandern im März 2017 in Marokko
Tipp: Auf der Website www.weltweitwandernwirkt.org lassen sich unter dem Stichwort „Empowerment“ viele inspirierende Beispiele über „Tourismus in beide Richtungen“ finden. Dieser gemeinnützige Verein ist im Juni 2015 aus den vielen Hilfsprojekten, die der Reiseveranstalter Weltweitwandern seit seiner Gründung im Jahr 2000 initiierte und unterstützte, hervorgegangen. Den Anstoß zur Vereinsgründung gab die Erdbebenhilfe von WWW für Nepal im Jahr 2015.
Herzlichen Dank an unser Marokko-Team, das uns so liebevoll verpflegt und aufgenommen hat. Danke an die österreichischen Tourismusexperten Harald Friedl von der FH JOANNEUM, Christian Baumgartner von der „response & ability GmbH“ sowie der IMC Fachhochschule Krems und Margit Leuthold von „respect – Institut für Integrativen Tourismus und Entwicklung, die jeden Tag unsere Gedanken angekurbelt haben. Dankeschön auch an David Köhlmeier von dkmotion der uns als Filmproduzent begleitet hat.