Wie ein zweites Zuhause – Wiedersehen im „glücklichen Tal“

Ein Reisebericht von Isabelle Saluz:

Ihr reist JETZT nach Marokko? Mit euren vier Kindern? Ja! Und wieder waren wir überwältigt, welch wunderbare Eindrücke wir mit nach Hause nehmen durften. Unsere Kinder haben sich während der gesamten Reise pudelwohl gefühlt. Die Menschen in Marokko begegnen uns stets mit Offenheit, Respekt und Freude. Wir fühlen uns sicher und willkommen. Und wir kommen wieder!

Zwei Kinder warten bereits auf dem Schulplatz vor der „école vivante“, bis die Mittagspause vorbei ist. Es ist still in der warmen Herbstsonne und wir atmen die frische marokkanische Bergluft tief ein. Vor zwei Jahren waren wir hier in diesem abgelegenen Tal für ein ganzes Jahr zu Hause, und wir sind es auch jetzt noch in unseren Herzen.

Berührend und bewegend ist unsere Rückkehr ins „glückliche Tal“. Ein herzlicher Empfang bei den Mandelbäumen und schon sind wir wieder ganz eingetaucht in den Zauber dieses Teils von Marokko. Daniel, mein Mann, zeigt einigen Kindern der Schule ein Rhythmus-Klatschspiel. Alle beginnen sofort eifrig zu üben. Unsere eigenen vier Kinder finden sich urplötzlich im Spiel um den Fussball – zwischen den Bäumen und auf der selbst kreierten Schaukel. „Waren wir denn überhaupt einmal weg?“, frage ich mich im Stillen.

Die ersten Collège-Schülerinnen des „campus vivante“ zeigen uns stolz das neue Schulgebäude. Nach sechs Jahren Grundschule an der „école vivante“ haben alle Sechs-Klässler im Sommer die staatliche Abschlussprüfung bestanden. Die neuen Räume sind grosszügig, hell und im traditionellen Lehmbau erstellt. Die Einrichtung des Collèges ermöglicht es, hier auch praktisch zu arbeiten. Dazu werden in den nächsten drei Jahren immer wieder Berufsexperten in verschiedenen Projekten mit den Collège-Schülerinnen und -Schülern arbeiten.

Salam aleikum! Wie schön ist es, unsere Freunde, das Lehrerteam, an der Schule zu sehen. Ein Händedruck, eine Umarmung, ein kurzes Gespräch und wir erleben in dem Moment den interkulturellen Austausch, von dem alle Welt gerade redet. Eine Begegnung von Mensch zu Mensch. Obgleich unsere Freunde einen anderen Glauben leben, eine andere Kultur zelebrieren und in einer anderen Sprache kommunizieren, sind wir uns doch so nahe.

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In der Basisstufe bei den Kleinsten wird ganz selbstverständlich in Gebärdensprache unterrichtet. Drei Kinder mit Hörbehinderung können so aktiv am Schulleben teilnehmen. Mit einer unglaublichen Leichtigkeit übernehmen alle Kinder diese Zeichensprache. Die Lehrpersonen haben diese für sie vierte oder sogar fünfte Fremdsprache innert kürzester Zeit von einer Praktikantin erlernt und setzen sie mutig in der Schule ein.

In der dritten bis zur sechsten Klasse wird stufenübergreifend und individuell gelernt. Jedes Kind hat seinen Arbeitsplatz. Zum Morgengebet und für Inputs von Lehrpersonen trifft man sich im Kreis. Eifrige Betriebsamkeit herrscht in diesen Schulräumen und in der Bibliothek, wenn jedes Kind danach an seinen Lernzielen arbeitet.

Das Gelände rund um die „école vivante“ wächst und gedeiht, so wie jede Lehrperson, jedes Kind und alle Beteiligten dieses Projektes wachsen und gedeihen. Es ist für uns sehr eindrücklich, die Entwicklung am „campus vivante“ zu verfolgen und zu begleiten. Dafür sind wir dankbar. Die Rückreise unserer Zeitreise saugen wir noch einmal mit allen Sinnen auf – Farben, Formen, Düfte und Natur in seiner schönsten Form. Marokko und das Tal der Glücklichen tragen wir in uns. Die Welt ist unser Zuhause.

Reisebericht: Isabelle Saluz